Dr. Martin J. Krämer, Security Awareness Advocate bei KnowBe4
200 Millionen Nutzer verzeichnete ChatGPT im September 2024, nachdem es im Juli knapp drei Milliarden Besuche verzeichnete. Beides stellt für die GenAI-Anwendung neue Rekorde dar und zeigt auf, die Faszination mag ein wenig verblasst sein, aber die Nutzung steigt dennoch. Die weltweite Verfügbarkeit des Programms seit dem 30. November 2022 erleichterte den Zugang zu Wissen, steigerte in einigen Branchen und Organisationen die Produktivität und unterstütze bei der Kommunikation in verschiedenen Sprachen. Die Demokratisierung von Informationen und Sprachen sowie die Erleichterung von Kommunikation durch Bots führte zu einer Zunahme von Sprachassistenten, die von reinen Chatbots zu einer Conversational AI reiften. Die Vorteile dieser Entwicklung hat sich in Anwendungsfällen wie vorausschauender Wartung, Optimierung der Personaleinsatzplanung und Prozessautomatisierung geführt und dies branchenübergreifend. Deutsche Unternehmen sind allerdings bei der Adaption noch zurückhaltend, wie eine Studie des Bitkom zu Beginn des Jahres zeigt. Hier gaben von mehr als 600 Unternehmen erst drei Prozent zu, die GenAI zentral einzusetzen. Weitere sechs Prozent wollten dies aber noch in 2024 ändern.
Technologisch entwickelt sich generative KI generell immer weiter und der Konkurrenzdruck durch vergleichbare Modelle ist groß, dementsprechend auch die Erwartungshaltung der Nutzer. Ein Trend, der sich bei der aktuellen Version von ChatGPT 4o zeigt, ist die „de-facto“ Artificial General Intelligence (AGI) oder leistungsstarke KI. Einige Experten nehmen an, dass KI bis 2026 schlauer sein wird als Nobelpreisträger, andere wiederum sagen, dass die Modelle immer noch nicht weiter sein werden und die Menschheit von echter KI noch ein gutes Stück entfernt sind. Ein Teil dieser Entwicklung ist die neueste Version von ChatGPT, nämlich ChatGPT 4o. Sie hat Echtzeit-Interaktion mit Sprache eingeführt. GPTo1 verfügt nun über logische Schlussfolgerungsfähigkeiten in Kombination mit der immersiven Fähigkeit, Geschichte und Kontext in Abfragen zu verarbeiten. Die KI präsentiert dadurch viele Lösungen, die den Nutzer „überraschen“. Praktisch gesehen ist dies ein guter Maßstab, ob die KI weiterhin in unerwarteten Situationen versagt, was ziemlich ärgerlich ist, oder ob die KI so weit kommt, uns ständig mit Antworten oder Ergebnissen zu überraschen. Wenn dieses Niveau erreicht wird, kann von KI gesprochen werden, die de facto als intelligenter als der durchschnittliche Mensch wahrgenommen wird. Dies wird dann einen Wendepunkt erreichen.
Allerdings wurde und wird die Technologie auch zur Erstellung von Fehlinformationen und zur Manipulation der öffentlichen Meinung genutzt. ChatGPT und ähnliche Modelle führten jedoch auch zu einer Reihe von Diskussionen rund um die ethische Verwendung und den Datenschutz vor allem bei den in den KI-Chatbot eingegebenen personenbezogenen Daten. Im weiteren Verlauf dieser Debatten wurde sogar offenbar, dass die Trainingsdaten Datenschutz-Probleme mit sich brachten und noch immer bringen. GenAI zeigt aber vor allem auch die Technologie-Abhängigkeit auf. Kritisches Denken und die Fähigkeit, eigenständig Probleme zu lösen oder auf kreative Weise zu einer Lösung zu gelangen, verringern sich über die Zeit der Nutzung. Darüber hinaus verschlingen die Modelle bereits beim Training eine Menge Energie, was zu Fragen zur Energieeffizienz und zum Energieverbrauch führt. Regulierungen wie der EU AI Act sind nur der Anfang einer Welle von Reaktionen auf GenAI und überführen die Debatten in Gesetze und Verpflichtungen.
Abgesehen von diesen Herausforderungen bleibt eine Reihe von Nutzungsmöglichkeiten und Szenarien, die bei entsprechendem Prompt Engineering-Fähigkeiten zu Produktivitätssteigerungen führen können. Vor allem im Bereich der lästigen Tätigkeiten, wie das Zusammenfassen von Meetings, das Führen von Listen, Verwaltungstätigkeiten und Routinearbeiten kann ChatGPT eine Hilfestellung für diejenigen sein, die solche Technologien durch Training kritisch, aber erfolgreich einzusetzen wissen. Potentiale lassen sich beispielsweise bei der Vermittlung von Security Awareness erreichen. Dies gelingt, wenn Mitarbeitenden die Gefahren unmittelbar per Chatbot angezeigt und verständliche Erklärungen sowie Hilfestellungen direkt angezeigt werden. Sie erkennen oder werden daran erinnert, dass sie beispielsweise keine Phishing-E-Mails öffnen sollten, sondern diese an ihre IT-Abteilung weiterleiten müssen. Darüber hinaus lernen sie, dass sie nur autorisierte Anwendungen nutzen, keine Firmendaten im Internet exponieren, vor allem nicht in Anwendungen wie ChatGPT und wie sie die IT-Sicherheit ihres Unternehmens verbessern.
Diese positive Vermittlung von sicherheitsrelevantem Wissen ist eine der Anwendungsmöglichkeiten, die von Unternehmen in aller Welt bereits entwickelt wurden oder derzeit entwickelt werden.