Die Integration von Künstlicher Intelligenz (KI) in Governance-Praktiken bietet enorme Chancen, erfordert jedoch auch sorgfältige Planung und Umsetzung. KI kann die Effizienz und Produktivität erheblich steigern, doch Unsicherheiten über den kurzfristigen Return on Investment (ROI) können die Einführung behindern. Dieser Leitfaden, zusammengestellt von Peter Herr, Senior Director DACH bei Diligent, bietet Governance-Expertinnen und -Experten gut umsetzbare praktische Tipps zur erfolgreichen Adaption von KI-Tools, um die Arbeit effizienter und effektiver zu gestalten
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Gibt es einen direkten KI-ROI?
KI hat das Potenzial, die Governance zu transformieren, aber Unsicherheiten über den kurzfristigen ROI können die Einführung solch hilfreicher Tools behindern. In der heutigen Geschäftsumgebung sind Kostensenkung, Effizienz und Produktivität von hoher Priorität, insbesondere in von Private Equity oder Venture Capital unterstützten Unternehmen. KI-gestützte Governance-Tools können erhebliche Zeiteinsparungen im Tagesgeschäft ermöglichen. Ein guter Ausgangspunkt ist die Beurteilung, wer bereits abgenommene Tools verwendet und wie viel Zeit sie sparen. Dann können Anbieter über die zu erwartenden Effizienzsteigerungen beraten und helfen, eine Geschäftsgrundlage für die Einführung zu schaffen. Nach der Implementierung erleichtert Continuous Measurement die Messung des Einführungsfortschritts und die Berichterstattung über den ROI.
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Das zweischneidige Schwert des allumfassenden Wissens
Ein wesentlicher Vorteil von KI-gestützten Governance-Tools sind die erhöhte Transparenz, Qualität und Integrität der an den Vorstand kommunizierten Daten. In der Anfangsphase kann dies jedoch ein zweischneidiges Schwert sein, insbesondere was die Pflichten und die Haftung der Verantwortlichen betrifft. Theoretisch bedeutet die Verfügbarkeit großer Mengen von Echtzeitdaten, dass leitende Angestellte und Vorstandsmitglieder in Zukunft „perfektes Wissen“ über alles haben könnten, was im Unternehmen vor sich geht. Dies könnte zu Kompetenzproblemen führen, wenn die Verantwortlichen datengestützte Erkenntnisse nicht erkennen und entsprechend handeln, möglicherweise etwas nicht tun, was in den Daten belegt ist, und infolgedessen nicht im besten Sinne der Interessengruppen handeln.
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Wählt die Metriken mit Bedacht – weniger ist manchmal mehr
In der heutigen datengesteuerten Geschäftswelt gilt oft das Motto „je mehr Kennzahlen, desto besser“. Die schiere Menge der verfügbaren Datenpunkte kann bei der Analyse jedoch mitunter eher lähmen. Es ist zwar wichtig, Metriken für die Implementierung und den Einsatz von KI festzulegen, aber eine Überfrachtung mit detaillierten Informationen kann kontraproduktiv sein. aber zu viele Informationen im Detail können eher hinderlich als hilfreich sein. Der Leitsatz sollte hier lauten: „Nicht alles, was gemessen werden sollte, kann gemessen werden, und nicht alles, was gemessen wird, sollte gemessen werden.“ Ein ständiges Reflektieren und Filtern der Kennzahlen, die für das Unternehmen und den Vorstand wirklich wichtig sind, kann manchmal zu klareren Erkenntnissen führen.
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Die menschliche Komponente und kritisches Denken dürfen nicht fehlen
Boards und Unternehmen sollten sich nicht zu sehr auf KI verlassen, um Entscheidungen zu treffen. Menschliche Aufsicht ist unerlässlich, um die Homogenität und das Potenzial für ein durch KI erzeugtes Gruppendenken zu vermeiden, das entstehen könnte, wenn alle Unternehmen ähnliche KI-Tools verwenden. Menschliche Erfahrung, kritisches Denken und Urteilsvermögen sind unerlässlich, um eine Vielfalt von Perspektiven zu erhalten und fundierte Entscheidungen zu treffen. Erfahrene nicht geschäftsführende Verwaltungsratsmitglieder betonen die Bedeutung des menschlichen Elements, um sicherzustellen, dass Entscheidungen nicht nur auf Daten, sondern auch auf praktischen Erfahrungen beruhen.
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Irren ist menschlich – und die KI kann einen klareren Blick bieten
Fortschrittliche Governance-Tools haben das Potenzial, viele Informationserfassungs- und Berichterstattungsprozesse zu automatisieren und so Ungenauigkeiten und menschliche Fehler zu reduzieren. Diese Automatisierung erhöht die Transparenz und Genauigkeit und verbessert die Qualität und Vielfalt der Daten. Da manuelle Berichte Raum für Interpretationen lassen, wird die Automatisierung die Berichterstattungsmechanismen auf verschiedenen Ebenen der Organisation verändern. Diese Veränderungen werden auch die weitere Dynamik des Berichtswesens in Zukunft stark beeinflussen.
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Das Gewissen in Menschengestalt: CoSecs
Mit dem Fortschreiten der KI-Ära und der zunehmenden Regulierung wird die Bedeutung des ethischen Einsatzes von KI im Unternehmen und in der Vorstandsetage immer wichtiger. Governance-Fachleute wie Corporate Secretaries (CoSecs/Unternehmenssekretär:in) können dabei eine Schlüsselrolle spielen. Sie sollen das Gewissen des Unternehmens widerspiegeln und als vertrauenswürdige Beratung fungieren, die dafür sorgt, dass die Unternehmensethik gewahrt bleibt. Dies ist zwar nicht ihre ausschließliche Aufgabe, aber ein wesentlicher Teil ihrer Rolle. Durch die Besetzung des Gremiums aus Mitgliedern mit möglichst unterschiedlichem Hintergrund können Anwendungsfälle auf ihre ethischen Implikationen überprüft werden, bevor sie umgesetzt werden.
Fazit
Die Implementierung von KI in der Governance kann transformative Vorteile bieten, erfordert jedoch eine sorgfältige Planung und Umsetzung. Von der Bewertung des ROI über die Auswahl der richtigen Metriken bis hin zur Sicherstellung ethischer Praktiken – es gibt viele Faktoren zu berücksichtigen. Menschliche Aufsicht und kritisches Denken bleiben unerlässlich, um die besten Ergebnisse zu erzielen. Mit einer durchdachten Strategie und kontinuierlicher Überwachung können Unternehmen die Vorteile von KI voll ausschöpfen und ihre Governance auf ein neues Niveau heben.