Lohnt sich eine interne Rückversicherung auch für den Mittelstand?

Wer kennt diesen Zustand in kritischen Gewerben nicht? Das Jahr läuft gut, fast schon zu gut, es geht auf das Ende des Geschäftsjahres zu. Unerwartet tritt ein unversicherter Schaden ein, und zerstört dem Unternehmen die Ganzjahresbilanz und damit das Geschäftsjahr. Der Abschluss ist ruiniert. Für Unternehmen, die sich von Investoren haben finanzieren lassen oder Beteiligungsunternehmen, ein ernstzunehmendes Problem. Aber auch alle anderen müssen unversicherte Schäden aus dem direkten Gewinn bedienen. Egal wie, es gestaltet sich unangenehm.

Was tun? Ein gutes Konzept ist eine interne Rückversicherung. Es gibt aktive, passive Reassekuranzen, obligatorische und fakultative, die entweder proportional oder nichtproportional in die Schäden eintreten, aber wir möchten an dieser Stelle keine Wissenschaft daraus machen, sondern ein einfaches Konzept vorstellen, damit Organisationen und Unternehmen, die Risikomanagementsysteme betreiben (freiwillig oder mit Pflichten) über eine solche Alternative nachdenken. In die Details kann man später noch einsteigen.

Für einen großen Logistikkonzern, der durchaus 70 Mio Euro an unversicherten Schäden pro anno hatte, habe ich eine interne Rückversicherung etabliert. Aber es rechnet sich auch schon für kleinere Unternehmen und im Speziellen auch für Mittelständler, für die ich das Konzept immer häufiger abstimme und aufbaue. Derzeit sind es Mittelständler im Umsatzbereich von 50 Mio bis 180 Mio Euro. Mein Ansatz ist das operationelle Risikomanagement nach COSO, aber auch Cobit und KonTraG kann man gut nutzen.

Es macht größeren Sinn, wenn das Unternehmen mehrere Töchter hat, oder gar aus vielen kleineren oder auch mehreren Franchisingunternehmen besteht. Anstatt seine Schäden zu 100% bei einer Versicherung zu versichern, die selbst nach dem Ausnutzen einer Flatrate an Schäden die Kosten anheben wird, macht man dies in Zukunft nur zu 85% bzw. 75%. Hier kommt es auf die Liquidität des Unternehmens an.

15% bzw. 25% sind nunmehr der Selbstbehalt, da man nur noch die Differenz bei dem Versicherungsunternehmen versichert. Bis zu 25% der Schäden trägt man nun aus dem eigenen Liquiditätsüberschuss. Die 15%-25% werden mit einem Umlageschlüssel (Größe, Mitarbeiter, Umsatz, Verluste, Schäden, Skillsets) auf die Töchter bzw. Franchisingpartner umgelegt. Alle Teilnehmer legen ihre Summen in die interne Rückversicherung ein. Zu Beginn bedient man sich eines kleinen Tricks und lässt die Töchter einige Prozente 5-7% mehr einzahlen als zu Zeiten der Vollversicherung. Diese 5-7% bilden die Rücklage und werden nicht angerührt und gut angelegt. Dadurch, dass man die Vollversicherung zu bis zu 25% in der Schadensgesamthöhe und der Anzahl von eingereichten Schäden entlastet, streicht man einen großen Rabatt beim Versicherer ein und spart gegenüber dem Vorjahr. Die Versicherung wird billiger. Das überschüssige Geld legt man auf die 5-7% drauf, und je nach Branche sind hier locker weitere 5-10% einzusparen und damit anzusparen. D.h. im ungünstigsten Falle 10% und im günstigsten 17% jährlich, man bedenke auch noch 2-3% Anlagezinsen, die man noch erwirtschaftet in einem Jahr. Wir bauen also bis zu 20% der Summe der eingetretenen Schäden in einem Jahr auf. 1/5.

Mit den 15%-25% SB kann man dann Schäden bedienen. Jetzt braucht man nur ein Jahr, in dem es mal besser läuft, und schon hat man seinen Puffer. Wir hatten auch schon Fälle, in denen hat es im ersten Jahr gekracht. Alle haben es überlebt, dank einem Trick in der Formulierung im Versicherungsvertrag, in dem man sich als Kunde nur für das erste Jahr ein Opt-in-Recht einräumt, bei dem notfalls alles noch so gehandhabt wird, wie im Jahr zuvor wenn ein Riesenschaden eintritt, und dafür aber eine Extraprämie, die auch ein wenig höher ist wie im Vorjahr nachgezahlt wird. Verglichen mit einer Kfz-Versicherung versichert man quasi nur 15000 km Fahrleistung pro Jahr, und beim Unfall mit 22000 km auf dem Tacho, zahlt man die Differenz im Tarif (7000km plus ein paar Öre mehr) eben nach. Somit stellt es kein großes Risiko dar, aber eine riesige Chance aus hohen Versicherungsbeiträgen zu bezahlbaren Policen zu kommen. Mit gänzlich eigenen Mitteln. Perpetuum Mobile? Nein! Einen weiteren Vorteil hat es noch. Hat man einmal zwei gute Jahre hintereinander, hat man sich dank dieses Konzeptes einen großen Berg an liquiden Mitteln aufgebaut, und kann die Versicherungsleistung noch weiter runterschrauben, gar bis zu 30% sind möglich, mehr sind nicht empfehlenswert. Denken Sie mal darüber nach.