BaFin-Erlaubnispflicht für Plattformen

Kürzlich entschied das Landgericht Köln, dass Plattformen, die Bestellungen vermitteln, und dabei für Dritte Zahlungen entgegennehmen, eine Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) benötigen (LG Köln, Urteil vom 29.09.2011, Az. 81 O 91/11).

Das Urteil hat für Verunsicherung unter Plattform-Betreibern gesorgt, da bereits die Erlangung der Erlaubnis nach § 8 ZAG aufwändig und nicht einfach zu erreichen ist. Notwendig ist unter anderem ein Businessplan mit einer Budgetplanung für die ersten drei Jahre, eine Beschreibung der Unternehmenssteuerung und der internen Kontrollmechanismen, eine Darstellung des organisatorischen Aufbaus, der Nachweis der Erfüllung der Sicherungsanforderungen nach § 13 ZAG sowie nach § 9 Nr.3 ZAG ein Anfangskapital von mindestens 20.000 EUR. Darüber hinaus bestehen laufende Auskunfts- und Prüfungspflichten. So müssen nach § 17 ZAG Jahresabschluss und Lagebericht regelmäßig eingereicht werden

Es ist kaum vorstellbar, wie kleinere Unternehmen diese Pflichtenbündel erfüllen sollen. So erscheint es beispielsweise fraglich, wie eine kleine Plattform, die Bestellungen von Speisen und Getränken vermittelt, diesen Anforderungen gerecht werden kann. Allein das vorgenannte Anfangskapital würde vielen Plattformen schon im Ansatz den Markteintritt verwehren.

Daher bestehen ernsthafte Zweifel, ob das LG Köln bedacht hat, welche gravierenden Auswirkungen seine Entscheidung auf das Anbieten von Services durch Plattformen in Deutschland insgesamt haben könnte. Folge wäre jedenfalls, dass die BaFin für jede noch so kleine Plattform ein Erlaubnisverfahren durchführen müsste.

Zwar argumentiert das LG Köln zunächst richtig, dass das gewerbliche Anbieten von Zahlungsdienstleistungen für Dritte den Bereich des ZAG eröffnet.

Dabei sei es jedoch unerheblich, dass die Zahlungsdienste nur als Nebenleistung zur Bestellvermittlung erbracht werden:

„§ 1 Abs. 1 Nr. 5 ZAG fordert nicht, dass es dem Unternehmen gerade um die Zahlungsdienste gehen muss. Vielmehr werden auch Zahlungsdienste als Nebendienst für ein Hauptgeschäft erfasst. Es genügt, dass die Zahlungsdienste im Rahmen der gewerblichen Tätigkeit erbracht werden.“

 Ein Ausnahmetatbestand nach § 1 Abs. 10 ZAG liege ebenfalls nicht vor:

„Weder handelt es sich bei der Verfügungsbeklagten um einen Handelsvertreter (Nr. 2) noch liegt ein Inkasso, eine Zahlung per Nachnahme noch eine andere Ausnahme vor. Die von der Verfügungsbeklagten befürwortete entsprechende Anwendung von § 1 Abs. 10 Nr. 2 ZAG auf die Tätigkeit der Verfügungsbeklagten findet in dieser Vorschrift keinen Niederschlag. Grundsätzlich sind die konkret umschriebenen Ausnahmetatbestände eng auszulegen.“

Demnach sei die Plattform als gewerblicher Anbieter von Zahlungsdienstleistungen nach § 8 Abs. 1 ZAG erlaubnispflichtig.

Den Erwägungsgrund 6 der Europäischen Zahlungsdienste-Richtlinie, wonach der Anwendungsbereich auf Zahlungsdienstleister beschränkt werden sollte, deren Haupttätigkeit darin besteht, für Zahlungsdienstenutzer Zahlungsdienste zu erbringen, übergeht das Gericht mit der Begründung, in § 1 Nr. 10 ZAG seien alle Ausnahmetatbestände abschließend geregelt, die Richtlinie dabei berücksichtigt.

Diese Argumentation halte ich für falsch. Gerade im Internet gibt es täglich neue Entwicklungen und Lösungen, so dass eine Liste von Ausnahmetatbeständen niemals abschließend sein kann. In der Praxis werden dann durch Gesetzesänderungen neue Ausnahmetatbestände hinzugefügt. Der Begriff Haupttätigkeit ist jedenfalls eindeutig und umfasst gerade nicht die Nebentätigkeit.

Fazit: Das LG Köln hat vorliegend eine äußerst unglückliche und nach meiner Meinung falsche Entscheidung getroffen, indem es Plattformen, die Bestellungen vermitteln, mit gewerblich haupttätigen Finanzdienstleistern gleichstellt. Das Gericht hätte nach der Europäischen Zahlungsdienste-Richtlinie entscheiden müssen, dass Anbieter von Finanzdienstleistungen dem ZAG nicht unterliegen, wenn sie den Zahlungsdienst als Nebentätigkeit erbringen. Sollte sich die Rechtsprechung des LG Köln durchsetzen, wird sie gravierende Auswirkungen auf Plattformanbieter in Deutschland haben.