Mit Mut und der richtigen Mentalität zur digitalen Transformation

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„Erst jenseits der Komfortzone beginnt man, sich zu verändern, zu wachsen und zu verwandeln.“ – Roy T. Bennett

Die digitale Transformation ist für moderne Unternehmen überlebenswichtig. Dabei geht es aber nicht nur um Technologie. Nachhaltige Veränderung basiert vielmehr auf starken Werten, Effizienz, Kundenzufriedenheit und Loyalität. Anstatt nur Prozesse zu digitalisieren, sollten Unternehmen einen kompletten Wandel anstreben, der Service-Design, Produktinnovation, Verbesserungen in Betrieb, Technologie und Talentförderung umfasst. Das klingt nicht nur schwierig, sondern ist es auch.

Fachabteilungen wenden sich mit ihren Transformations-Anliegen häufig an die IT-Abteilung. Dort herrscht jedoch oft noch ein Denken in zeitaufwändigen und teuren Projekten – wie DevSecOps, Cloud und Legacy-Modernisierung – vor. Wie beim Ping-Pong wird der Ball dann ständig zwischen den Akteuren hin und her gespielt.

Es an der Zeit, diese überholten Vorgehensweisen über Bord zu werfen und neue Ansätze zu übernehmen: Unternehmen sollten zuerst ihre gewünschten Ergebnisse definieren, im nächsten Schritt die passenden Basistechnologien anwenden und einen kollaborativen Ansatz verfolgen. Die Anstrengungen lohnen sich, denn sie beschleunigen und vereinfachen die Transformation.

Tschüß Programm-Mentalität – Hallo Produkt-Mentalität.

Lange vorbei sind die Zeiten, in denen die Unternehmensführung einen Fünfjahresplan aufstellt und die IT langwierige Projekte zu deren Unterstützung auf die Beine stellt. Heute fordern neue Geschäftsmodelle, Technologien und Kundenanforderungen die Unternehmen ständig heraus. Daher ist es wichtig, kontinuierliche Change-Programme ins Leben zu rufen und Feedback von Kunden einzubeziehen.

Das ist nicht so schwierig, wie es scheint. Es hat sich gezeigt, dass Kunden gern bereit sind, weniger Funktionen zu nutzen und gleichzeitig Input zur Verfügung stellen, mit denen Entwickler neue Funktionen priorisieren können. Ein Beispiel dafür ist die Apple Watch der Serie 4, die im September 2018 vorgestellt wurde: Kunden haben die Uhr vom ersten Tag an gekauft, obwohl eine der meistdiskutierten Funktionen – eine App, mit der Kunden am Handgelenk ein EKG aufzeichnen können – erst mit einem Update im Dezember ausgeliefert wurde. Dieses Beispiel zeigt, dass Unternehmen bei ihrer Transformation mit minimal notwendigen Features starten, sich Feedback einholen und dann sukzessive Funktionen hinzufügen oder verändern können.

Teams nicht auf Erfahrungen aufbauen, sondern auf Lernfähigkeit.

In den meisten Organisationen wurden Prozesse und Systeme über Jahrzehnte aufgebaut. Das führte im Ergebnis zu monolithischen Plattformen im Front-, Middle- und Backoffice, die Veränderungen heute im Weg stehen. Während das Frontend versucht, innovativ zu sein, kann bei Middle- und Backoffice der Bruch mit den etablierten und vertrauten Prozessen zu einer Überforderung führen.

In einer Vielzahl von Transformationsprojekten ist die Unternehmenskultur eines der Haupthindernisse. Führungskräfte müssen dies akzeptieren und ihren Teams zeigen, wie neue Formen der Zusammenarbeit die Unternehmensziele effizienter voranbringen können. Allerdings können neue Arbeitsweisen bisherige Projektrollen überflüssig machen. Zum Ausgleich sollte der Schwerpunkt dahingehend verlagert werden, Teams neu zu schulen und ihnen bei der Anpassung zu helfen.

Diejenigen, die nicht neu qualifiziert werden können, haben zunächst weiterhin die Möglichkeit, die Legacy-Systeme zu unterstützen. Im nächsten Schritt müssen sie entweder über einen längeren Zeitraum umgeschult werden oder besser geeignete Aufgaben übernehmen.

Auf agile und reaktionsfähige Architekturen setzen.

„Fail fast, fail often” – d.h. Scheitern als Chance, um daraus zu lernen und es künftig besser zu machen – ist heute das Paradigma der Entwicklung. Damit haben viele IT-Teams Schwierigkeiten. Um eine schnelle, an Funktionen orientierte und iterative Entwicklung voranzutreiben, gilt es, sich an die kulturellen und fachlichen Anforderungen von Agile, DevOps, Microservices, Containern und responsiven Architekturen anzupassen. Agile folgt der Erkenntnis, dass Entwicklungsteams nicht alles im Voraus planen können – daher wird keine finale Zielarchitektur festgelegt. Im Gegensatz dazu beginnen traditionelle Entwicklungsteams in aller Regel erst mit der Arbeit, wenn alle Anforderungen erfüllt sind.

Der traditionelle Ansatz war praktikabel, als die Halbwertzeit einer Technologie zwischen zwölf und 15 Jahren lag. Heute beträgt sie zwischen zwei und maximal drei Jahren, daher ist es von enormer Bedeutung, die Veröffentlichung neuer Funktionen nicht zu verzögern. Eine fixe Zielarchitektur riskiert gerade solche Verzögerungen, was dazu führen kann, dass die Funktionen bereits veraltet sind, wenn sie zum Einsatz kommen sollen. Eine kürzere Halbwertzeit erfordert eine schnelle, funktionsorientierte und iterative Entwicklung, eine reaktionsfähige Architektur und einen Agile-Ansatz. Ein solcher Entwicklungsansatz beseitigt auch den Druck, von Anfang an jedes Feature vorherzusagen, das ein Kunde wünscht.

Anstatt die Zielarchitektur von Anfang an zu finalisieren, sollten Unternehmen zunächst nur die Architektur implementieren, die erforderlich ist, um mit der Einführung von Agile zu beginnen, um dann weitere Funktionen hinzuzufügen. Dasselbe gilt für die Technologieauswahl. Unternehmen müssen über eine Basistechnologie verfügen, um mit dem Aufbau beginnen zu können. Gleichzeitig sollten Architektur und Design aber agil und ersetzbar sein, wenn die Transformation voranschreitet.

Mit Mut zum Erfolg

Transformation ist überall. Es ist die Transformationsmethode, durch die sich die Spreu vom Weizen trennt. Die Erfahrung zeigt, dass ein Modell mit Fokus auf Design, Wertströme und das “Minimum Viable Product” (MVP, dabei handelt es sich um die einfachste brauchbare Ausprägung eines Produkts, die als Ausgangspunkt für weitere Ausbaustufen mit neuen Funktionen dient) die besten Ergebnisse liefert. Es ermöglicht Unternehmen, ihre Produkte schneller auf den Markt zu bringen, den Kurs gegebenenfalls rasch zu korrigieren und zu wachsen.

Transformationsmodelle müssen außerdem anhand zahlreicher Parameter an jedes Unternehmen angepasst werden. Beispielsweise wird sich ein Unternehmen mit Niederlassungen in San Francisco in einem anderen Tempo verändern als eines in Sao Paulo. Ebenso wird ein MVP-Modell, das für ein Unternehmen mit einem treuen Kundenstamm funktioniert, sich nicht für die Einführung eines neuen Produkts eines unbekannten Startups eignen.

Der entscheidende Schritt zur erfolgreichen Transformation besteht darin, traditionelle Wege couragiert zu verlassen, Dinge, die schon immer so gemacht wurden, aufzugeben und ein System zu schaffen, das schnell scheitert und noch schneller lernt.

 

Kenneth Lindstroem ist Geschäftsführer der cellent GmbH, die seit 2016 zu Wipro Limited gehört.