Neue Bankwettbewerber: PayPal vor Google

sectank_artikelbilder_07

Banken sehen immer mehr Gefahren durch Wettbewerber aus dem Internet, insbesondere im Privatkundengeschäft. Als besonders große Herausforderung werden mobile oder Internetbezahlsysteme betrachtet. Dies ergab der aktuelle „Branchenkompass Banken 2014“ von Sopra Steria Consulting. Finanzinstitute können aber durch eine hohe Beratungskompetenz ihre Wettbewerbsposition stärken.

Die Banken sehen eine zunehmende Gefahr durch Mitanbieter aus der digitalen Welt. Nur acht Prozent nehmen aktuell keine Bedrohung durch branchenfremde Wettbewerber wahr. Dementgegen fühlen sich aber 92 Prozent der Bankentscheider durch neue Anbieter in ihrem Kerngeschäft bedroht. 2012 waren dies mit 83 Prozent noch etwas weniger. „Besonders starken Wettbewerb erleben die Bankentscheider durch Internetbezahlsysteme“, erklärt Dirk Lamprecht, Bankenexperte bei Sopra Steria Consulting. „In diesem Bereich hat sich die Situation deutlich verschärft.“ Während noch vor zwei Jahren 57 Prozent mit wachsender Konkurrenz durch Zahlungssysteme im Internet rechneten, liegt der Anteil heute bei 80 Prozent.

Von Internetunternehmen wie Facebook, Google, Amazon oder neuen Fintechs erwarten mehr als zwei Drittel der Banken erstarkenden Wettbewerb. Besonders Banken mit Privatkundenschwerpunkt sehen sich betroffen (75 Prozent). Zusätzlich wächst aus Sicht der befragten Bankentscheider die Bedrohung durch Wettbewerber aus dem Mobile Payment. 60 Prozent der Banken sehen hier eine ernsthafte Gefahr. Steigende Konkurrenz um die Hoheit über den Kundenkontakt nehmen auch 58 Prozent der Banken aus Richtung der übergreifenden Banking-Portale wahr. Insbesondere Österreichs Banken sind hier vorsichtig (80 Prozent).

In diesem schwierigen Marktumfeld setzen die Banken auf Kompetenzen, die ihnen Branchenfremde nicht so schnell streitig machen können, wie die Finanzberatung. 59 Prozent der befragten Banken planen Projekte, um die Beratung der Privatkunden weiter zu stärken. „Ein Ausbau der Beratungskompetenz ist sicher eine erfolgversprechende Strategie für Banken“, so Dirk Lamprecht. „Schließlich gehört viel Phantasie dazu, sich eine kompetente Online-Beratung für komplexe Finanzprodukte vorzustellen, zum Beispiel für Altersvorsorge oder Immobilienkauf.“ So investieren Sparkassen und Genossenschaftsbanken überdurchschnittlich häufig in Beratung (Privatkundenberatung: 77 bzw. 66 Prozent; Firmenkundenberatung: 74 bzw. 63 Prozent). Bei den österreichischen Banken stehen momentan andere Themen, wie Wertpapiergeschäft und Vermögensverwaltung, stärker im Vordergrund.

Die Finanzberatung ist aber nur ein Hebel im Wettbewerb gegenüber Online-Anbietern. „Klassische Finanzinstitute profitieren auch von einem Vorsprung beim Vertrauen der Kunden in puncto Sicherheit, Zuverlässigkeit und Qualität des Zahlungsverkehrs, den sie weiter ausbauen sollten”, ergänzt Dirk Lamprecht. „Da auf absehbare Zeit beide Geschäftsmodelle erfolgreich sein werden, sollten sie auch die Digitalisierung des Zahlungsverkehrs vorantreiben und bei Bedarf mit Drittanbietern zusammenarbeiten.“

Quelle: Sopra Steria Consulting

SecTank Meinung: Die Internet-Wirtschaft konnte in den vergangenen Jahren bei Innovation und Nutzerfreundlichkeit punkten. Im Zuge der NSA-Krise und der verstärkt diskutierten Datenschutz-Thematik könnte das Pendel wieder zurückschwingen – zugunsten der Banken. Schließlich ist das Bankgeheimnis in Deutschland hoch und heilig. Tresore für Geld und materielle Güter gibt es bei Banken bereits – warum nicht beispielsweise auch gleich einen Safe für elektronische Informationen und Kommunikation anbieten, und dazu die Kredit- oder ec-Karte als Authentisierungsmerkmal? Aus dem Blickwinkel der Informationssicherheit klingt das sinnvoll. Ob sich solche Geschäftsmodelle für Banken lohnen und die Geldinstitute agil genug sind, sich damit zu positionieren, muss sich aber noch zeigen. Und wenn Angriffe wie die vor kurzem bekannt gewordene Carbanak-Operation Schule machen, ist der Ruf der Banken schnell ruiniert.