Interview mit Minister Brüderle zur Taskforce Informationssicherheit in der deutschen Wirtschaft

Geboren am 22. Juni 1945 in Berlin; verheiratet. Abitur. Studium von Publizistik, Jura, Volkswirtschaft und Politischen Wissenschaften an der Johannes Gutenberg Universität Mainz, 1971 Examen als Diplomvolkswirt.

Minister Brüderle hat heute Morgen um 9:00 Uhr Ortszeit in Berlin den offiziellen Auftakt zur Taskforce Informationssicherheit in der deutschen Wirtschaft gegeben. Eine sehr gute Initiative, finden wir. SecTank hat ihn interviewed. Anbei das Interview.

1. Frage:
Sehr geehrter Herr Minister Brüderle, was hat Sie bewegt die Taskforce Informationssicherheit in der deutschen Wirtschaft zu gründen?

Antwort:
Elektronische Geschäftsprozesse nehmen immer stärker zu. Deshalb gewinnt die Sicherheit in solchen Geschäftsprozessen immer mehr an Bedeutung. Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen, die nach aktuellen Studien akute Sicherheitsprobleme haben, müssen auf die Herausforderungen des digitalen Zeitalters vorbereitet werden. Unzureichende Sicherheitsvorkehrungen beim Einsatz von Systemen der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) schlagen sich nicht nur in Datenverlusten nieder. Die IKT ist ebenfalls zum Einfallstor für Wirtschaftssabotage und –spionage geworden. Hier droht erheblicher Schaden. Die Task Force habe ich eingerichtet, um das Bewusstsein von Unternehmen für Gefahren im Zusammenhang mit der Nutzung von IKT zu schärfen. Auch soll die Task Force Angebote zur Hilfestellung erarbeiten. Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen sollen hierdurch beim sicheren Einsatz von IKT-Systemen unterstützt werden. Die Task Force ist nach bisherigen Planungen auf zwei Jahre angelegt.

2. Frage:
Was unterscheidet diese Taskforce maßgeblich von der Initiative Ihres Kollegen De Maiziere, als er noch im Innenministerium war? Warum fährt Deutschland zweigleisig?

Antwort:
Die Task Force ist ein Teil der Cyber-Sicherheitsstrategie, die unter der Federführung des Bundesinnenministeriums erarbeitet wurde und die die Bundesregierung beschlossen hat. Sie soll vornehmlich die IT-Sicherheit in der Wirtschaft stärken. Das nationale Cyber-Abwehrzentrum und der nationale Cyber-Sicherheitsrat hingegen sind in erster Linie Instrumentarien für die öf-fentliche Verwaltung.

3. Frage:
Wie sieht Ihre Vision zum Endausbau dieser Informationssicherheits-Taskforce aus? Was sehen Sie in 2 Jahren?

Antwort:
Die Task Force ist eine gemeinsame Initiative des Bundeswirtschaftsministeriums, der IT-Sicherheitswirtschaft und der kleinen und mittleren Unternehmen. Als Dachmarke soll die Task Force bereits bestehende IT-Sicherheitsinitiativen bündeln, um mit gemeinsamer Kraft kleine und mittlere Unternehmen wirkungsvoll zu erreichen. Vertreter von Wirtschaftsverbänden und bereits aktiven IT-Sicherheitsinitiativen begleiten und beraten die laufenden Prozesse der Task Force. Hierzu wurde ein Steuerkreis eingerichtet. Wichtige Themen werden in Arbeitsgruppen gemeinsam diskutiert und Lösungsansätze erarbeitet. Derzeit lassen wir einen IT-Sicherheitsnavigator erstellen, der einen Überblick über Hilfsangebote zu IT-Sicherheit bieten soll. Außerdem ist ein IT-Sicherheitscheck geplant, mit dem das IT-Sicherheitsniveau gemessen und bestehende Lücken identifiziert werden können. Wir streben an, innerhalb von zwei Jahren mit gemeinsamer Kraft ein IT-Sicherheits-Beratungszentrum für kleine und mittlere Unternehmen einzurichten.

4. Frage:
Sich an die Wirtschaft zu wenden, ist sicherlich der bessere Ansatz, als der Gewählte von Herrn Minister De Maiziere. Die Wirtschaft hat Geld, die Staatskasse ist leer. Denken Sie die Wirtschaft wird sich initiativ und finanziell daran beteiligen? Haben Sie eine aussichtsvollere Startposition als Ihr Kollege?

Antwort:
Das Thema IT-Sicherheit in der Wirtschaft und die Aktivitäten der Task Force sind bisher auf reges Interesse bei der Wirtschaft gestoßen, die sich sehr engagiert am eingerichteten Steuerkreis und den Arbeitsgruppen beteiligt.

5. Frage:
Wenn die Wirtschaft, also die DAX-Unternehmen aber vor allen der Mittelstand, den Sie ja speziell mit Ihrer Partei politisch vertreten, sich finanziell beteiligt, wie viele Euros spendieren Sie aus Ihrem Budget über welchen Zeitraum dazu?

Antwort:
Bei der Task Force geht es uns – wie schon gesagt – vor allem um Bewusstseinsschärfung und konkrete Hilfestellungen für kleine und mittlere Unternehmen. Die Kosten, die damit verbunden sein werden, sind überschaubar.

6. Frage:
Das Wirtschaftsministerium hat gerade beachtliche Ausschreibungen laufen, zu Cloud Computing, zu sicheren Produkten für die Informationssicherheit, Ihre Task Force u. m. Sie sind bereit viele Millionen Euro als Fördergelder zu investieren. Da lacht das Informatiker-Herz. Erhoffen Sie sich einen neuen Boom deutscher Informationssicherheitsprodukte?

Antwort:
IT-Sicherheitsprodukte stoßen weltweit auf eine lebhafte Nachfrage. Analysten gehen davon aus, dass der internationale Markt für IT-Sicherheitsprodukte in den nächsten Jahren kontinuierlich wachsen wird. Auch in Deutschland hat IT-Sicherheit eine bedeutende Marktgröße erreicht. Indem wir kleine und mittelständische Unternehmen motivieren, IT-Sicherheitsprodukte und IT-Dienstleistungen vermehrt einzusetzen, wollen wir auch den nationalen IT-Sicherheitsmarkt fördern.

7. Frage:
Glauben Sie wir importieren zu viel IT? Hardware, Software? Fast alles kommt aus China, Taiwan, den USA, Korea zieht gleich. Das eine oder andere Produkt hat schon eine Hintertür, das wir importieren. Einer der letzten europäischen Firewall-Hersteller, die Phion AG aus Innsbruck ist von Barracuda Networks aus den USA gekauft worden. Das einzige, das wir noch herstellen ist gute Software, dank IDS Scheer (bzw.), der Software AG und SAP. Ist es auch wieder Zeit für Hardware, wie zu den Bestzeiten von Infineon?

Antwort:
Deutsche IT-Sicherheitsanbieter verfügen über hervorragende technologische Kompetenzen und ein hohes Maß an Spezialisierung – auch im Bereich der Hardware, wie etwa bei Firewalls oder Verschlüsselungstechnik. Sie genießen – auch im Ausland – einen sehr guten Ruf. Ihre Technologie gilt als verlässlich und neutral. Nationale IT-Hersteller – ganz gleich, ob es sich um Software oder Hardware handelt – liegen mir vor allem wegen ihrer Vertrauenswürdigkeit am Herzen. Denn ihr kommt bei Fragen der Sicherheit eine große Bedeutung zu.

8. Frage:
Worin sehen Sie die größte Bedrohung durch Cyberwarefare?

Antwort:
Der Staat, die Wirtschaft und die Bevölkerung in Deutschland sind in einer immer stärker vernetzten Welt darauf angewiesen, dass die Informations- und Kommunikationstechnik und das Internet verlässlich funktionieren. Wenn aufgrund eines Cyber-Angriffs das Internet nicht mehr geht, können die technische, wirtschaftliche und administrative Leistungsfähigkeit und damit die gesellschaftlichen Lebensgrundlagen Deutschlands erheblichen Schaden nehmen.

9. Frage:
Bei einer Umfrage im Mittelstand, gab ein Geschäftsführer eines 700 Mann-Unternehmens auf die Frage: „Wie setzen Sie den Datenschutz in Ihrem Unternehmen um?“ die Antwort: „ Das macht mein 16 jähriger Neffe, der versteht mehr von Computern als ich“. Beunruhigt Sie das?

Antwort:
Im Bereich IT-Sicherheit haben vor allem kleine und mittelständische Unternehmen Nachholbedarf. Das ist einer der Gründe, warum wir uns entschlossen haben, die Task Force einzurichten. Kleine und mittelständische Unternehmen sind – genauso wie Großunternehmen – oft ein beliebtes Ziel für Wirtschaftskriminelle, nicht zuletzt wegen der unzureichenden Sicherheitsvorkehrungen. Der Erfolg vieler kleiner und mittelständischer Unternehmen beruht oftmals auf innovativen und einzigartigen Patenten oder einer werthaltigen Kundendatenbank. Die gilt es zu schützen .

10. Frage:
Sie motivieren gerade die Wirtschaft. Dies ist eine wichtige Quelle. Was ist mit den Hochschulen? Wir haben in Deutschland einige richtig gute Professoren für Informatik, speziell Informationssicherheit. Genannt seien, Prof. Scheer, Prof. Wahlser, Prof. Eckert, Prof. Freisleben, Prof. Pohl, Prof…u.v.m., es gibt massenhaft gute Leute bei uns… Wie bringen Sie Forschung und Wirtschaft zusammen?

Antwort:
Die Task Force „IT-Sicherheit in der Wirtschaft“ arbeitet auch eng mit Hochschulen zusammen. Vertreter aus der Wissenschaft wirken maßgeblich an Forschungsvorhaben mit und sind ebenfalls im Steuerkreis vertreten. Sie setzen wichtige Impulse für die weiteren Schritte der Task Force.

11. Frage:
Es gibt mittlerweile zu Cyberwarfare auch viele Initiativen von Privaten und Vereinen. Möchten Sie diese mit einfangen?

Antwort:
Die Task Force möchte als Dachmarke die Bemühungen bereits bestehender IT-Sicherheitsinitiativen bündeln. Sie verfügen über wertvolle Erfahrungen bei der Unterstützung von Unternehmen beim sicheren Einsatz von IKT-Systemen, die sie in jahrelanger Tätigkeit gesammelt haben. Wir arbeiten daher sehr gerne und eng mit den Initiativen zusammen.

12. Frage:
Letzte Frage. Wie ist Ihr Privat-PC zuhause abgesichert?

Antwort:
Ich benutze meinen Computer ständig, auch für Bankgeschäfte. Deswegen achte ich aber sehr darauf, dass aktuelle Virenschutzprogramme installiert sind. Außerdem wechsle ich meine Passwörter regelmäßig.

Ich bedanke mich für das Interview und wünsche Ihnen zur Eröffnung der Taskforce am 29.3 in Berlin gutes Gelingen und großen Erfolg.

Alexander Tsolkas